Der traurige Töpfermeister

Die kleine Maus kuschelt sich in ihre Ecke hinter den Kisten unter der Werkbank des Töpfermeisters. Sie lebt schon einige Zeit dort, und es gefällt ihr sehr. In der Werkstatt hat sie es schön ruhig, denn der Töpfer macht nur sehr oberflächlich sauber, und ins untere Regal kommt er nie. Der Töpfer nimmt aber zweimal am Tag einen kleinen Snack zu sich in seiner Werkstatt und lässt fast immer einen Brocken auf seinem Teller zurück, den sich die kleine Maus dann schnappt. Anschließend geht sie gern auf den Regalen spazieren und schaut sich die wunderschönen Töpferarbeiten an: bauchige Tonkrüge, bunt gemusterte Teller und dazu passende Becher. Ab und zu kommen Kunden herein und besprechen ihre Wünsche mit dem Töpfer, der für alle immer ein freundliches Wort und fröhliche Grüße übrig hat. Auch das bringt Abwechslung in ihren Alltag. Sie fühlt sich also rundum wohl in ihrem Heim, al-hamdulillah.
Doch eines Tages kommt ein trauriger Töpfermeister in seine Werkstatt. Die kleine Maus erkennt es sofort. Sein Gang ist schwerfällig, und als er sich auf seinen Stuhl fallen lässt, laufen sogar Tränen über sein Gesicht. Die Maus schaut vorsichtig hinter den Kisten hervor, hinter denen sie ihr Zuhause eingerichtet hat. Der Töpfer streicht mit Bedacht über ein Buch, das vor ihm liegt. Es ist dunkelgrün und hat goldene Verzierungen und Buchstaben auf dem Buchdeckel. Der traurige Töpfer seufzt: "Al-Quran al-Karim. Ach ja, dich brauche ich jetzt." Er nimmt das Buch und beginnt zu lesen. Die kleine Maus beobachtet, wie seine Tränen versiegen und er schließlich das Buch beruhigt zuklappt.
Als der Mann schon lange ins Bett gegangen ist, schaut sie sich das Buch noch einmal genau an: "Al-Quran al-Karim... Was ist das wohl für ein Buch, das den traurigen Töpfer beruhigt hat? Und warum war er überhaupt so traurig?" Mit diesen Fragen im Kopf legt sich die kleine Maus endlich schlafen und hofft, am nächsten Tag mehr darüber zu erfahren, inscha'Allah.
Am nächsten Tag kommt der Töpfer schon früh in seine Werkstatt. Er geht in das kleine Badezimmer, das man direkt von seiner Werkstatt aus betreten kann. Dort wäscht er sich die Hände, spült sich den Mund und die Nase aus, wäscht sich das Gesicht und seine Unterarme.
Danach streicht er sich noch über den Kopf, reinigt die Ohren mit den Fingern und wäscht seine Füße. Dann breitet er einen kleinen Teppich aus und bewegt sich ruhig und konzentriert auf und ab. Das hat die kleine Maus schon öfter beobachtet.
Doch heute nimmt er anschließend wieder das geheimnisvolle Buch zur Hand und liest darin. "Inna lillahi wa inna ilayhi raji'un – Von Allah kommen wir und zu Allah kehren wir zurück", sagt er schließlich.
Da kommt schon der erste Kunde in die Werkstatt. "As-salamu alaikum, Bruder. Wie geht es dir heute?" "Ach", antwortet der Töpfer. "Es ist schon nicht leicht, jetzt, wo meine Frau gestorben ist. Aber das Gebet und die Worte Allahs helfen mir sehr, al-hamdulillah."
"Die Worte Allahs?", denkt die Maus. Allah kennt sie natürlich. Alle Mäuse kennen Allah und folgen dem, was Er von den Mäusen erwartet. Sie hat von ihrer Mama gelernt, dass alle Tiere das tun. Und jetzt erinnert sie sich auch daran, dass ihre Mama immer sagte: "Bei den Menschen ist das anders. Bei ihnen gibt es einige, die den Gesetzen Allahs nicht folgen wollen. Diejenigen, die sich aber dafür entscheiden, lesen in einem Buch nach, was Allah gefällt und was nicht."
Sollte dieser Quran vielleicht dieses Buch sein?
Da hört die Maus wieder den Kunden sprechen: "Mir hat es geholfen, als ich mir nach dem Tod meiner Frau eine Katze zugelegt habe." "Eine Katze?", fragt der Töpfer zögerlich. "Ja, eine Katze. Es ist schön, ein Tier um sich zu haben, das man streicheln kann und um das man sich kümmern kann."
"Ich bin doch da!", piepst die Maus. Aber auf sie hört natürlich keiner.
"Vielleicht gar keine so schlechte Idee", sagt der Töpfer. Der Kunde kann auch sofort einen Tipp geben, wo man so ein Kätzchen bekommen könnte: "Familie Abadi hat eine Katze, die vor ein paar Wochen Junge bekommen hat. Vielleicht haben sie noch ein Kätzchen, das sie dir geben können, inscha'Allah."
Jetzt verkriecht sich die Maus erst einmal hinter ihren Kisten. Eine Katze? Hier in der Werkstatt? Jetzt ist die kleine Maus traurig. Wenn eine Katze hier einzieht, dann wird sie ausziehen müssen – so viel ist klar! Aber wohin soll sie nur gehen? So einen ruhigen und gemütlichen Platz wird sie nie wieder finden. Sie hofft jetzt erst einmal, dass es noch ein wenig dauern wird, bis der Töpfermeister eine Katze mit nach Hause bringt.