Lebensmittelverschwendung

Am Abend versteht die kleine Maus endlich, was die Frauen mit all den Maßen vorhatten, die sie bestimmt und notiert hatten. Denn statt Plastikfolie als Unterlage für das Fastenbrechen auszulegen, trägt Suleyman festere Rollen in die Moschee. Als er sie ausrollt, kommt eine Wachstuchunterlage mit fröhlichen grünen Punkten zum Vorschein.

Der Imam ist gerade auf dem Weg in sein Büro, um einige Vorbereitungen für seine Ansprache am Abend zu treffen. "Assalamu 'alaikum, Bruder Suleyman. Ich sehe, das Projekt 'Nachhaltige Moschee' entwickelt sich weiter, inschaAllah?" – "Wa alaikum salam, Sheikh", antwortet Suleyman. "Ja, so ist es. Die Frauengruppe hat diese Wachstuchdecken zugeschnitten und zu langen Bahnen zusammengenäht. Sie haben auch schon ein Konzept erarbeitet, damit die Handhabung möglichst einfach verläuft, mashaAllah." – "Erzähl mal, Suleyman. Das interessiert mich auch. Vielleicht kann ich etwas in meine Ansprache aufnehmen, um die Geschwister zu informieren und dir die Arbeit zu erleichtern."

Vor allem interessiert die kleine Maus natürlich, was mit den Essensresten passieren wird. Sonst blieben diese einfach auf der Plastikfolie liegen, wurden mit eingerollt und dann entsorgt. So konnte sich die kleine Maus immer leicht etwas für ihre Mahlzeiten stibitzen. Wenn diese Wachstücher nun aber wiederverwendet werden, sieht die Sache sicher ganz anders aus.

"Noch gibt es Einweggeschirr, aber wir sind bereits dabei, es in den nächsten Tagen zu ersetzen, inschaAllah. Heute gibt es einen großen Müllbeutel, in den die Geschwister ihr Geschirr selbst entsorgen können – ebenso wie mögliche Essensreste. Obwohl es gut wäre, sie schon jetzt daran zu erinnern, dass man möglichst kein Essen wegwerfen sollte. Am besten könnte man dem vorbeugen, indem sich die Geschwister einfach weniger auf ihre Teller füllen. Man sollte wirklich nur so viel nehmen, wie man auch tatsächlich essen kann."

"Ja", antwortet der Imam. "Das ist natürlich auch eine Frage des Respekts. Der Prophet (salallahu alaihi wa salam) hat ja empfohlen, die Finger und den Teller abzulecken bzw. bis auf den letzten Rest zu leeren. 'Ihr wisst nicht, in welchem Teil der Speise Baraka steckt', erklärte er dazu. Es ist also wichtig, sein Essen wirklich aufzuessen. Ich werde die Geschwister daran erinnern, inschaAllah."

Der kleinen Maus wird ganz schwindelig, obwohl sie doch gerade erst ihr Frühstück gegessen hat. "Aber wenn die Menschen ihre Teller komplett leer essen, was soll dann aus mir werden?" Nachdenklich schaut sie zu, wie Suleyman Müllsäcke aufstellt und einen Eimer mit Wasser und Wischtüchern bereitstellt, um die Wachstücher nach dem Essen zu reinigen. Dann legt er Teller, Schüsseln, Besteck und Becher bereit. "Wir müssen uns dafür auch unbedingt schnell eine Lösung überlegen", murmelt er vor sich hin.

Am Abend ist die kleine Maus erleichtert. Noch jedenfalls findet sie genügend Nahrung in den Müllsäcken und kann sich satt und zufrieden der Quranrezitation widmen. Doch als der Imam während seiner Ansprache auf das Problem der Lebensmittelverschwendung eingeht, bemerkt sie, dass ein Raunen durch die Menge der Gläubigen geht – und ihre Sorgen kehren zurück. "Aber wenn ich mir davon nehme, ist doch nichts verschwendet!", piepst sie aufgeregt.

Die kleine Maus bleibt nicht unbemerkt. Suleyman sieht, wie sie aufgeregt hin- und herläuft, und er spürt, woher ihre Angst kommt. "Mäuschen, wir vergessen dich doch nicht", flüstert er leise. Und während er darüber nachdenkt, kommt ihm plötzlich eine Idee. "Wenn Tiere die Essensreste bekommen könnten, wäre das doch wirklich eine gute Lösung, um zu verhindern, dass Lebensmittel im Müll landen." Noch ist ihm nicht ganz klar, wie das funktionieren könnte. Die Versorgung einer kleinen Moscheemaus reicht dafür natürlich nicht aus. Diesen Gedanken muss er unbedingt mit der Gruppe besprechen, die sich für die 'Nachhaltige Moschee' einsetzt.

Suleyman ist zufrieden. Das Entsorgen des Wegwerfgeschirrs sowie das Reinigen und Zusammenlegen der Wachstücher haben gut funktioniert, alhamdulillah. Schon am nächsten Tag hat er eine Verabredung mit einem Bruder, der im Großhandel für Haushaltsgegenstände arbeitet. Gemeinsam wollen sie Preise für ein sehr interessantes Produkt recherchieren – eines, das den Müll beim Iftar erheblich reduzieren könnte, inschaAllah, und zugleich helfen kann, Lebensmittelreste sinnvoll zu verwerten.

Die kleine Maus hat am Nachmittag ein Telefongespräch belauscht, das Suleyman geführt hat. Sie kann sich zwar noch nicht genau vorstellen, was geplant ist, aber ihre Angst, irgendwann nichts mehr zu essen zu haben, wächst weiter.


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