Solidarisch

Am nächsten Tag jedoch muss die kleine Maus feststellen, dass die Menschen doch nicht an alles gedacht haben! Gerade hat sie ihren alltäglichen Rundgang durch die Moschee hinter sich gebracht und sich dabei die hübschen Plakate angeschaut, die Suleyman aufgehängt hatte. Ganz groß darauf ist das tolle Mäusehaus abgebildet, das dann gar kein Mäusehaus war, sondern Aufbewahrungsbehälter für Lebensmittel. Kurz stellt sie sich noch einmal vor, wie schön es wäre, in so einem mehrstöckigen Häuschen zu wohnen. "Aber hat ja keinen Zweck", seufzt sie. "Es ist ja nun einmal kein Haus."

Ihr Blick bleibt an den Zahlen hängen, die Suleyman auf das Plakat geschrieben hat. Das ist wohl der Preis, den man für diese besonderen Stapelboxen zahlen müsste. "Hm", murmelt sie leise vor sich hin. "Ist das nun viel Geld oder nicht so viel Geld für die Menschen hier? Hoffentlich ist das nicht zu teuer, sonst wäre die ganze Mühe umsonst gewesen."

In dem Moment kommt Suleyman in die Moschee. Er telefoniert gerade. Die kleine Maus versteckt sich schnell unter einem Regal und hört zu. "Also, ich finde, das ist schon berechtigt", sagt Suleyman gerade. "Vater, Mutter und dann noch mehrere Kinder – manche Familien finden die Idee mit den Behältern toll und möchten gern mitmachen, aber so viele Behälter auf einmal, das ist dann schon viel Geld." Suleyman macht eine Pause und hört zu, dann antwortet er wieder: "Ja, natürlich, wenn es zu teuer ist, kann man auch eigene Teller oder Schüsseln mitbringen. Aber dennoch finde ich es auch schade, wenn einige Familien ausgeschlossen werden. Unser Prophet (salallahu alaihi wa salam) hat doch gesagt: 'Keiner von euch ist gläubig, bis er für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst wünscht.'" Wieder wird am anderen Ende geredet. "Doch", fährt Suleyman dann fort. "Ich habe schon eine Idee. Wir könnten ein solidarisches Preissystem anbieten."

"Soli – was?", überlegt die kleine Maus. "Was soll das denn bedeuten?" Doch manchmal muss man einfach weiter zuhören und die kleinen Mäusepiepser erst einmal für sich behalten, denn Suleyman erklärt schon, was er meint: "Solidarisch bedeutet ja, dass Leute, die viel haben, denen etwas geben, die nicht so viel haben. In unserem Fall würde ich sagen: Jeder gibt, was er kann und mag. Familien mit vielen Kindern dürfen für jedes Familienmitglied einen Henkelmann nehmen und zahlen dann, was sie können. Wir haben aber auch viele Gemeindemitglieder, die gar nicht verheiratet sind und gut verdienen oder Familien mit wenigen Kindern, wo aber Vater und Mutter arbeiten. Wer mehr zahlen kann, tut dies einfach. Und inschaAllah – mit unserer guten Niyya und Baraka von Allah werden wir die Summe, die wir für alle zusammen für die Behälter zahlen müssen, auch so zusammenbekommen."

Es werden noch ein paar Einwände ausgetauscht, aber am Ende darf Suleyman das soli – dingsta… wie heißt das noch gleich? So – li – da- risch! Also das solidarische Preissystem umsetzen. Schnell schreibt er noch über die Verteilerliste eine Nachricht an alle Gemeindemitglieder, hängt zusätzliche Informationszettel auf und bereitet eine Spendenbox vor, ganz speziell für das Bezahlen der Behälter. "Gib so viel du kannst und magst!", steht da ganz groß drauf geschrieben.

"Das ist wirklich eine ganz besondere Eigenschaft der Menschen", denkt die kleine Maus. "Jeder denkt an den anderen und versucht zu helfen. MashaAllah, das ist wirklich wunderschön!"

Die kleine Maus kann sehen, dass Suleyman richtig stolz ist, als er seine Idee den Moscheebesuchern erklärt und dieses Mal redet auch keiner dazwischen oder findet die Idee nicht gut. Alle verstehen, dass Mitgefühl und gegenseitiges Helfen zum Charakter eines Muslims gehört.

Alle warten gespannt auf den Freitag. Sicherheitshalber – aber auch nur für Notfälle, falls zum Beispiel jemand neu in die Moschee kommt und von der Idee der "Nachhaltigen Moschee" noch nichts gehört hat – hat Suleyman noch einige Teile vom Wegwerfgeschirr aufgehoben. Denn natürlich möchte man niemanden, der für Allah den ganzen Tag gefastet hat, am Abend vom gemeinsamen Iftar ausschließen, nur weil die Person die Informationen noch nicht erhalten oder vergessen hat. Aber neues Wegwerfgeschirr möchte Suleyman eigentlich nicht mehr kaufen, inschaAllah.

Schon nach dem Freitagsgebet haben viele Gemeindemitglieder für sich und ihre Familien Henkelmänner mitgenommen und Geld in die Box geworfen. Niemand kontrolliert, was jemand dort einwirft. Alles passiert mit Vertrauen darauf, dass die Menschen ihren Geldbetrag mit Taqwa einwerfen – also in dem Bewusstsein, dass Allah alles weiß und alles sieht und somit auch weiß, ob der Betrag gerecht ist oder ob jemand sich zum Beispiel ein Set nimmt, aber gar nichts bezahlt. Und wisst ihr was? Als Suleyman und die anderen, die sich für die "Nachhaltige Moschee" engagieren, am Freitagabend das Geld zählen, da ist schon mehr drin in der Box, als sie brauchen, um die Rechnung zu bezahlen. Und das, obwohl sogar noch Henkelmänner übrig sind. Ist das nicht richtig toll? So ist wieder ein bisschen Geld in der Kasse, um weiterzumachen und neue Ideen umzusetzen, inschaAllah.


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