Die Suche nach dem Mond

Als sie aufwacht, ist es bereits Abend. Sie schaut vorsichtig aus ihrem Loch und sieht sofort die Veränderung. An den Fenstern hängen bunte Bilder, an den Wänden Banner und Girlanden. Das haben wohl die Kinder gemacht. Es sieht schön aus, so bunt dekoriert.

Aber die Maus entdeckt auch fünf prall gefüllte Müllsäcke neben der Tür. Suleyman ist gerade dabei, sie nach draußen zu schaffen. Die Säcke sind so schwer, dass er jeden einzeln auf den Müllplatz schleppen muss. Irgendwie sieht es so aus, als hätte die Aktion mehr Müll als tatsächlich Dekoration hinterlassen – der Blick der Maus wandert erstaunt zwischen den hübschen Girlanden und Bildern und den Müllsäcken hin und her.

Plötzlich bleibt ein kleiner, rundlicher Mann mit rotem Turban bei Suleyman an der Tür stehen und fragt: "Weißt du schon, ob morgen Ramadan ist?"

Ah, Ramadan – da ist das Wort wieder! Die kleine Maus hört gespannt zu.

Suleyman zuckt die Schultern. "Tut mir leid, Bruder. Aber der Imam sitzt gerade mit einigen Brüdern aus der Gemeinde zusammen und schaut, ob der Mond irgendwo gesehen wurde."

Die Maus ist überrascht. Die Menschen wollen den Mond sehen? Na, dann sollen sie doch einfach an den Himmel schauen! Sie flitzt an der Wand entlang hinter das Regal, springt auf einen Hocker und von dort auf die Fensterbank.

"Da oben, an den Himmel müsst ihr gucken!", will sie laut rufen. Doch dann stockt sie plötzlich. Moment ... wo ist denn der Mond geblieben?

Sie klettert nach draußen aufs Dach der Moschee und dreht sich im Kreis. Sie sieht zwar viele strahlende Sterne – mashaAllah –, aber keinen Mond. Schon ganz verzweifelt fällt ihr ein, dass auch die Menschen den Mond suchen. Deshalb schlüpft sie schnell wieder durch ein Fenster nach drinnen und macht sich auf den Weg zurück. Sie will hören, was Suleyman dazu zu sagen hat.

Gerade noch beobachtet sie, wie er durch eine Tür in ein kleines Büro geht. Sie schlüpft hinterher, versteckt sich unter einem Schrank und lauscht gespannt.

"Es sieht so aus, als ob der Mond nirgends gesichtet wurde", sagt gerade der Imam. "Wir fangen also erst übermorgen an zu fasten, in schā' Allāh."

"Aber eigentlich müsste doch morgen schon der Ramadan beginnen!", ruft ein anderer Mann aufgeregt.

"Der Prophet (ṣallallāhu ʿalayhi wa-sallam) hat gesagt, dass wir den Monat auf dreißig Tage vollmachen sollen, wenn der Mond nicht zu sehen ist. Wir richten uns nach dem Mond. So ist es, in schā' Allāh, am besten!", erklärt der Imam geduldig.

Endlich spricht Suleyman die beruhigenden Worte, auf die die kleine Maus gewartet hat: "Morgen werden wir, in schā' Allāh, den Mond sehen können!"

Morgen also ist er zurück, der Mond.

Auch wenn die kleine Maus nicht versteht, wo der Mond eigentlich geblieben ist, beruhigen sie Suleymans Worte.

Wie soll die kleine Maus auch schon etwas von Mondphasen wissen, die dadurch entstehen, dass sich der Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde bewegt? Sie kann ja nicht wissen, dass der Mond immer noch vollständig da ist, aber je nachdem, wo er sich gerade auf seiner Umlaufbahn befindet, mal mehr und mal weniger Sonnenlicht zur Erde reflektiert.

Mal erscheint er rund und voll – das nennen wir Vollmond –, mal ist er ganz schmal. Und manchmal wird für ein oder zwei Nächte gar kein Sonnenlicht reflektiert. Wenn dann wieder ein schmaler Streifen sichtbar wird, beginnt ein neuer islamischer Monat – zum Beispiel der Ramadan.

Aber die kleine Maus will es vielleicht gar nicht so genau wissen.

Erleichtert schlüpft sie aus dem Büro. Jetzt will sie sich erst einmal die Bilder und Banner genau anschauen, mit denen die Moschee geschmückt wurde.

Sie wartet ab, bis alle Männer die Moschee verlassen haben. Dann klettert sie auf die Fensterbank und läuft die Fensterreihen entlang. Immer wieder sieht sie leuchtend gelbe Monde – der Mond scheint wohl wirklich eine wichtige Rolle im Ramadan zu spielen, das erkennt sie durchaus.

Sie sieht bunte Moscheen und immer wieder gebastelte Bücher, auf denen das Wort "Qurʾān" steht.

Die kleine Maus ist schon sehr gespannt, was dieser Ramadan sein wird, was sich verändern wird und ob sich auch für sie, die kleine Maus, etwas ändern wird.


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